Das Erwachen aus dem Dornröschenschlaf scheint es also doch zu geben: Als 2009 der letzte Mieter aus dem ehemalige Fabrikgebäude der Märkle AG & Co AG in der Freiligrathstraße 6 auszog verkamen die Gebäudeteile immer mehr. Sie waren durch Vandalismus und mehrere Brände in so einem desaströsen Zustand, dass selbst beim Denkmalsschutz der Abriss im Raum stand.
Und doch zum Glück gibt es Visionäre, wie Marco Stelzel, Architekt und Projektentwickler der Investorengruppe, die mit professionellem Blick und eingehender Recherche das Potential des Komplexes erkannten und aus der Idee, das Industriedenkmal zu sanieren, so ein Stück Geschichte und Wahrzeichen der Stadt Taucha zu erhalten und weiter zu entwickeln.
Der Gedanke ist, hier ein Leuchtturmprojekt „Life-Work-Factory“ zu kreieren, welches Wohnen und Arbeiten in einem gemeinsamen Quartier verbindet. Die zukünftigen Bewohner und Nutzer sollen, aufgrund der ländlich geprägten Umgebung, Luft zum Atmen und Natur zum Erholen haben, aber auch die Möglichkeit besitzen, sich aufgrund der hervorragenden Verkehrsanbindung in kürzester Zeit in das städtische Leben Leipzigs einzubringen.
Das um 1915 im Reformstil erbaute ehemalige Fabrikgebäude weist eine bewegte Geschichte auf:
Erbaut und bis in die 1930er Jahre immer wieder erweitert, wurde es durch die Märkle AG & Co AG, welche bis Ende der 1930er Jahre hier Pelze veredelte.
Während des zweiten Weltkriegs wurde der Komplex als Munitionsfabrik genutzt. Ab 1950 wurde der Komplex durch die VEB Kunststoff- und Textilverarbeitungswerk Pouch übernommen, welche hier ab 1953 Zelte, Faltboote und Medizinbälle herstellte.
Nach der Wiedervereinigung wurde das Gelände in zwei Teile aufgeteilt, wobei ein Teil zunächst durch eine Sattlerei und ab Mitte der 1990er Jahre als Atelier und Ausstellungsstandort genutzt wurde, in dem anderen Teil wurden ab 1993 hier die berühmten „Anker-Stones“ hergestellt. Allerdings musste das Unternehmen 1999 Insolvenz anmelden.
Bis die Planung sowie alle nötigen Abstimmungen mit der Denkmalschutzbehörde, dem Bauaufsichtsamt und anderen Beteiligten abgeschlossen sind, wird es noch ein Jahr dauern. Die Grundstücksgröße beläuft sich auf 8000 Quadratmeter. Etwa 6500 Quadratmeter davon sollen dann vermietet werden.
Beim Gang durch die ruinösen Hallen kann sich der Unbedarfte kaum vorstellen, dass im Kessel- oder im Maschinenhaus, in den den ehemaligen Fabrikhallen und im Turmhaus einmal Büros, Wohnungen oder Ateliers entstehen sollen. Platz wäre auch für Kitas, Sport- oder Reha-Einrichtungen, sowie ein Café oder eine Mensa.
Die Denkmalbehörde ist hier sehr engagiert und von der Erhaltung angetan, da es sich um ein Industriedenkmal handelt, was in direkter Verbindung zur Leipziger Pelzverarbeitung des 20.Jahrhunderts steht. Die Projektentwickler rechnen nach Abschluss der Planungsphase mit einer Gesamtbauzeit von zwei bis drei Jahren.
„Endlich werden die ruinösen Gebäude, die über viele Jahre einen Schandfleck im Stadtgebiet bildeten, beseitigt. Hier kann nun etwas Neues entstehen. Der Standort ist durch die Nähe zum ÖPNV und zur Autobahn perfekt. Wir erwarten durch die Ansiedlung neuer Firmen auf dem revitalisierten Gelände eine weiterhin positive wirtschaftliche Entwicklung für den Wirtschaftsstandort Taucha“, zeigte sich Bürgermeister Tobias Meier erfreut.
Text und Fotos: Reinhard Rädler. Quelle Grafik alte Ansicht: Life-Work-Factory
Lesen Sie auch die Information der Stadtverwaltung Taucha