Zwei Jahre mussten die Stadt, der Schloss-Förderverein und auch die Tauchaerinnen und Tauchaer auf ihre Jubiläumsfeier „800 Jahre Rittergutsschloss“ coronabedingt warten. Aber dafür ließen sie es nun richtig krachen. Das Areal rund um den Schlossberg am Haugwitzwinkel platzte am Wochenende aus allen Nähten, um all die mittelalterlich gestalteten Markt- und Handwerksstände und das Ritterlager für das „Mittelalter Spectaculum“ aufzunehmen.
Auf dem Schloss gab es „allerley Speis und Trank“ sowie Erzeugnisse mittelalterlichem Kunsthandwerks. Auch auf dem Parkplatz am Rathaus konnte historische Handwerkskunst bestaunt, aber auch erworben werden. Zudem wurde das Lesen und Schreiben altdeutscher Schriften erklärt.
Seit Freitagnachmittag strömten die Besucher auf das Schloss, wo sie von „Cradem Aventure“ mit Klängen historischer Mittelalter- und Marktmusik empfangen wurden. Die Rostocker Musiker touren seit 25 Jahren mit Dudelsack, Schalmeien und Schamanentrommeln durch ganz Europa. „Theo, der Reimesprecher“ stimmte die zahlreichen Besucher auf die Kämpfe um Ruhm und Ehre der „Ritter vom Bullengraben“ ein. Die Burschenschaft hieb dann kräftig aufeinander ein, so dass Fetzen, Schilder und Schwerter flogen, bis es Marktfrau Katharina zu bunt wurde und sie ihrem Gemahl eine Bratpfanne über den Helm zog, dass es nur so schepperte. Am Ende hatten sich aber alle wieder lieb. Kinder durften dann die „völlig geschwächten“ Kämpfer vertreiben.
Die Haudegen hatten ihr Lager auf der Wiese hinter dem Schloß aufgeschlagen, wo sich auch andere mittelalterliche Gruppen, wie die Zeltgemeinschaft „Contubernium“ aus Berlin, niedergelassen hatten. Die Truppe widmet sich der Kultur und Lebensweise aus dem 13./14. Jahrhundert. Jacob Urmischbach und Gabriele zu Lichtenrode kochten sich gerade eine Suppe nach mittelalterlichen Rezepturen.
Am Sonntag nahm die Hochseiltruppe Geschwister Weisheit in ihrer historischen Hochseilschau „Anno Dazumal“ das Publikum mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1900. Die Artisten des Familienunternehmens im Alter zwischen 4 und 61 Jahren zeigen ihre Kunststücke auf dem Seil in vier Meter Höhe nunmehr bereits in 6. Genration.
Auf dem Markt hieß es an allen drei Tagen – quasi als Alternativprogramm – „Taucha trifft sich“. Das Unterhaltungsangebot entsprach hier mit Diskomusik, Evergreens und Spielmanszug sowie Linedance und Kindertanz eher modernerem Geschmack. Die Besucher nahmen das Angebot gerne an und pendelten zwischen Schloss und Stadtzentrum.
Der eigentliche Anlass der Feierlichkeiten, das mittlerweile 802 Jahre alte Rittergutsschloss, bot über verschiedenste Epochen hinweg sowohl Schutz vor Kriegen, war aber zugleich kultureller Dreh- und Angelpunkt für die Stadt und ihre Umgebung. Nachdem es fast ein Opfer des Verfalls geworden wäre, wurde das in den 90er Jahren durch Initiativen des Fördervereins, der Stadt und der Bürger Tauchas verhindert. Mit rund 881 000 Euro Fördergelder vom Freistaat und 368.000 Euro Eigenmittel konnte die „Wiege der Stadt“ in den letzten Jahrzehnten fast vollständig saniert werden. Am 11. September können zu einem Tag der offenen Tür alle sanierten Häuser und Räume im Rittergutsschloss besichtigt werden.
Text und Fotos: Reinhard Rädler